ESEL rumantsch

Die Esel von Sent (gemäss Gudench Barblan)

Eines Abends, auf dem "Plaz da la nuscheglia", sagt Michel zu seinen Kameraden, die alle für ihr Leben gern auf Hasenjagd gehen: "Los! Morgen wollen wir hinaus zur Costa da la Jocca gehen und ein paar Hasen erlegen, um ein feines Essen mit unseren Mädchen abzuhalten!" Alle sind einverstanden. Am nächsten Morgen gehen einer hier, einer dort in Stellung - die Besten an der Strasse, die nach Scuol hinunterführt.

Die armen Hunde suchen und suchen, aber sie können nichts aufspüren. Schliesslich - es wird schon fast Mittag gewesen sein - kommt ein ungeheures Hasentier mit nach hinten gelegten Ohren so schnell es kann den Hang hinauf gehoppelt und gesprungen. Ein Hund hat es aus einem Wachholderbusch hervorgejagt und rennt ihm wie der Teufel hinterher. Michel sieht den riesigen Hasen kommen und steht bereit. Päng! Und der Hase purzelt den Hang hinunter. "Tot", ruft er und wiederholt es noch zwei-, dreimal, und all seine Kameraden eilen herbei. "Donnerwetter - was für ein Schuss! Und was für ein Hase! Das ist die Mutter aller Hasen! Bravo, Michel!"

Zu viert nehmen sie den stattlichen Hasen auf die Schultern und gehen zum Dorf zurück und voller Triumph direkt zum "Plaz da la nuscheglia", mit allen Kindern hintendrein. Dort tragen sie duonn'Ursina auf, den Riesenbraten noch für den gleichen Abend zu kochen. Sie laden die jungen Mädchen zum Essen ein und bestellen gleich noch die Musik für den Tanz.

Am Abend kommen alle zum Essen. Der Hasenbraten schmeckt ausgezeichnet - und bei gutem Wein und vielen Scherzen ist alles in bester Ordnung.

Da schreit Michel plötzlich laut auf. Beim Abnagen eines Hasenbeines hat er sich zwei Zähne ausgebissen, weil dieses verdammte Vieh Hufeisen trug.

Unser armer Michel und all seine Kameraden hatten nämlich einen Esel für einen Hasen gehalten. Nachdem sich alle davon überzeugt hatten, war die Bestürzung natürlich gross. Alle gingen still und leise nach Hause - und die Musik konnte schlafen gehen. Nur duonn'Ursina, die Köchin, hielt sich den Bauch vor Lachen.

Seit diesem Tag sagt man: die Esel von Sent.